Wenn ich darüber nachdenke, wie man eine Themenreihe im Theater kuratiert, die verschiedene Generationen anspricht, denke ich zuerst an Neugier — meine eigene und die des Publikums. Kuratieren heißt für mich nicht nur Stücke auswählen, sondern Räume schaffen, die Begegnung ermöglichen: zwischen Texten, zwischen Künstler*innen und Zuschauer*innen, und vor allem zwischen Menschen unterschiedlichen Alters. In diesem Artikel teile ich meine praktischen Erfahrungen, Überlegungen und konkrete Methoden, die ich in Projekten erprobt habe.
Warum Generationenvielfalt im Theater wichtig ist
Zu oft begegnet mir im Kulturbetrieb die Annahme, dass bestimmte Formate nur für "junges" oder "älteres" Publikum funktionieren. Ich glaube dagegen, dass Theater ein Ort par excellence für generationenübergreifende Auseinandersetzung ist. Theater erlaubt es, verschiedene Sichtweisen auf einer Bühne sichtbar und hörbar zu machen. Eine gut kuratierte Themenreihe kann Brücken bauen: zwischen Nostalgie und Neuem, zwischen Erfahrung und Experiment.
Fragen, die ich mir zu Beginn stelle
Bevor ich ein Programm zusammenstelle, arbeite ich eine Liste von Fragen durch. Diese helfen, den kuratorischen Fokus zu schärfen und die Bedürfnisse unterschiedlicher Altersgruppen zu berücksichtigen:
Das Thema als Dreh- und Angelpunkt
Eine starke, prägnante Fragestellung ist das Rückgrat. In einer meiner letzten Reihen wählte ich das Thema Erinnerung und Zukunft. Diese Kombination ermöglichte es, Stücke zu programmieren, die sich mit biografischem Gedächtnis, digitaler Erinnerungskultur und Utopien beschäftigen. So konnte ich Stücke aus verschiedenen Generationen – ein zeitgenössisches Sprechstück, eine experimentelle Tanzperformance und ein älteres, wieder aufgeführtes Dramenfragment – in Beziehung setzen und Diskussionen anregen, die alle Altersgruppen interessierten.
Programmgestaltung: Balance zwischen Vertrautem und Herausforderndem
Generationenfreundliche Reihen profitieren von einer ausgewogenen Mischung:
Vermittlung als Herzstück: Formate, die verbinden
Vermittlung darf nicht nur ein Add-on sein. Sie muss integraler Bestandteil der Reihe sein. Hier einige Formate, die in meinen Projekten besonders gut funktioniert haben:
Barrierefreie Kommunikation und Ticketing
Sprache und Erreichbarkeit sind entscheidend. Ich achte darauf, dass die Kommunikation sowohl online als auch analog funktioniert:
Ästhetische Vermittlung: Programmheft, Raumgestaltung, Musik
Kleine ästhetische Entscheidungen haben große Wirkung. Ein gut gestaltetes Programmheft mit kurzer Einführung von mir als Kuratorin, Interviews mit Regisseur*innen und Hinweisen zu Themen schafft Orientierung. Rauminszenierungen — ob Foyerinterventionen, Soundinstallationen oder Sitzplatz-Arrangements, die Nähe zulassen — beeinflussen, wie sich Menschen begegnen.
Wie man Spannungen produktiv nutzt
Unterschiedliche Generationen bringen unterschiedliche Erwartungshaltungen mit. Statt diese als Problem zu sehen, nutze ich die Spannungen bewusst:
Partizipation und Mitgestaltung
Wenn Menschen die Möglichkeit haben, selbst teilzuhaben, entstehen nachhaltigere Verbindungen. In einer Reihe habe ich z. B. ein partizipatives Performance-Projekt initiiert, bei dem ältere Menschen Erinnerungsfragmente einbrachten und junge Performer*innen diese zu kurzen Szenen verdichteten. Beide Seiten berichteten von intensiven Begegnungen und einem neuen Verständnis füreinander.
Marketing: Ansprache für verschiedene Altersgruppen
Marketing ist weniger eine Frage des Kanals als der Tonalität. Social Media (Instagram, TikTok) eignet sich hervorragend, um jüngere Menschen mit visuellen Clips und Behind-the-Scenes-Material anzusprechen. Für ältere Zielgruppen funktionieren lokale Zeitungsartikel, Newsletter und persönliche Einladungen besser. Wichtig ist, die Tonalität anzupassen: respektvoll, neugierig und ohne Abwertung.
Evaluation und Flexibilität
Gute Kuratierung endet nicht mit der letzten Vorstellung. Ich sammele kontinuierlich Daten und Eindrücke:
Auf Basis dieser Erkenntnisse justiere ich das Programm: mehr Workshop-Angebote, veränderte Laufzeiten, andere Spielzeiten (z. B. Sonntag-Nachmittage für Familien und ältere Zuschauer*innen).
Konkretes Beispiel: Aufbau einer fünfteiligen Reihe
Zum Schluss ein konkreter Ablauf, wie eine fünfteilige Reihe aussehen könnte:
So entsteht eine Kuratierung, die nicht bloß präsentiert, sondern verbindet. Theater kann damit zu einem Ort werden, an dem Generationen nicht nur nebeneinander sitzen, sondern miteinander sprechen, staunen und weiterdenken.